„Investitionen in die Infrastruktur sind Investitionen in unsere Lebensqualität“
- Erschienen am - PresemitteilungWie hat das MIL die Wohnungsbauoffensive vorangetrieben? Hat sich der "Fahrradtrend" 2021 fortgesetzt? Konnte das MIL sein Investitionsniveau in der Städtebauförderung halten? Im Interview reflektiert Minister Guido Beermann das Jahr 2021 und zieht Bilanz.
Online-Redaktion des MIL: Das Jahr aus Sicht Ihres Ministeriums in einem Satz: Wie wäre der Satz?
Guido Beermann: Wie lange darf der Satz sein? Nein, ernsthaft: Bei einem so breiten Themenspektrum wie dem meines Ministeriums ist es unmöglich, eine Jahresbilanz in einem Satz zu formulieren. Was ich aber sagen kann: Das Jahr war auch oder gerade im Hinblick auf die noch andauernde Krise ein sehr erfolgreiches Jahr. Und dass ich das so sagen kann, liegt auch an den Anstrengungen vieler Akteure, seien es die Mitglieder der Landesregierung, unsere Partner in den Kommunen und Verbänden oder die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter meines Ministeriums und seiner nachgeordneten Behörden. Dafür möchte ich mich an dieser Stelle herzlich bedanken.
Sie haben im letzten Jahr gesagt, dass es wichtig ist, gerade in Krisenzeiten in die Infrastruktur zu investieren. Warum ist das so?
Weil es vor allem in Krisenzeiten ein wichtiges Signal ist, die Bereiche Mobilität und Infrastruktur, Wohnen und Bauen sowie Landesplanung zu stärken. Zum einen federt diese antizyklische Herangehensweise viele negative Effekte einer Krise ab. Zum anderen investieren wir in etwas, was in einer Krise und danach dringend gebraucht wird: Lebensqualität. Investitionen in die Infrastruktur sind Investitionen in unsere Lebensqualität. Wir sprechen hier – und das ist keine Floskel – von sinnvollen und nachhaltigen Investitionen. Eine gerade auf den Weg gebrachte elektrifizierte Bahn von Berlin über Angermünde nach Stettin oder eine von allen nutzbare Sportanlage in Nauen, wo ich eben erst den Förderbescheid übergeben habe, sind Dinge, die unmittelbar die Lebensqualität der Menschen betreffen.
Werden Sie das Investitionsniveau im nächsten Jahr halten können?
Wir stehen 2022 vor der großen Herausforderung, mit rund sieben Prozent weniger Haushaltsmitteln wichtige Investitionen in die Infrastruktur fortzusetzen. Das wird sicher nicht leicht. Mein Ziel ist, mit meinem Ministerium als Motor wichtiger Entwicklungen wie zum Beispiel der Verkehrswende die Anstrengungen weiter voranzutreiben und gleichzeitig das ‚Tagesgeschäft‘ im Blick zu behalten: Gerade für ein Flächenland wie Brandenburg mit unterschiedlichen Städten und Regionen, kommt es in Sachen Mobilität, Wohnen und Leben auf einen ausgewogenen Mix an.
Der Dezember ist der Monat, in dem das MIL die meisten Förderbescheide in der Planungs- und Städtebauförderung übergibt. Wie fällt diese Bilanz aus?
Ich war kürzlich bei einer Veranstaltung in Cottbus, wo es um das Jubiläum 50 Jahre Städtebauförderung ging. Für Brandenburg sprechen wir natürlich von rund 30 Jahren. In dieser Zeit hat das Land mit dem Bund gemeinsam drei Milliarden in die Städtebauförderung gesteckt. Eine unglaubliche Zahl, die wie kaum eine andere sichtbar ist. Die Städte heute haben mit den Städten vor 30 Jahren wenig zu tun. Jede Stadtentwicklung für sich ist eine Erfolgsgeschichte, von Brandenburg an der Havel bis Frankfurt an der Oder, von Prenzlau bis Bad Liebenwerda. Und ich merke in den Gesprächen mit den Bürgermeisterinnen und Bürgermeistern und den Bürgerinnen und Bürgern vor Ort, wie wichtig und wie zielführend diese Programme sind. Deshalb sind die rund 90 Millionen Euro aus Bundes- und Landesmitteln und weiteren gut 22 Millionen Euro aus EFRE-Mitteln in diesem Jahr sehr gut angelegt, egal, ob es um öffentliche Gebäude oder Plätze, Kitas oder Schulen, Spielplätze, Parks oder Sportstätten geht.
Ihr Ministerium war im Bereich Stadtentwicklung 2021 also vor allem Geldgeber?
Das kann man so nicht sagen. Natürlich sind strategische Investitionen ein ganz wesentlicher Teil. Und es ist ganz klar, dass wir uns als Land nicht in die kommunale Selbstverwaltung einmischen. Das ist nicht unsere Aufgabe und das können die Menschen vor Ort auch besser. Die Pläne für die ganz konkrete Entwicklung einer Stadt wird von der Kommune selbst geschmiedet.
Wir sind aber definitiv mehr als ein Geldgeber. Wir stecken den Rahmen, damit unsere Städte attraktiv, lebenswert und funktional sind, gerade im Hinblick auf die Möglichkeiten der Digitalisierung und der Herausforderungen des Klimawandels. Diese Themen werden mit der in diesem Jahr neu erarbeiteten Stadtentwicklungsstrategie in den Fokus gerückt. Außerdem haben wir mit der Planungsförderungsrichtlinie die Voraussetzung dafür geschaffen, dass Kommunen bei Planungen für neue Wohnungen, wirtschaftlichen Ansiedlungen, Verkehrs- und Klimaschutzprojekten schneller Planungsrecht erhalten. Damit wird mehr Wohnungsbau für Menschen aller Einkommensgruppen und wirtschaftliche Ansiedlungen möglich.
Und wir sind natürlich Impulsgeber. Zum Beispiel haben wir 2021 erstmals ein Qualifizierungsprogramm für 15 Smart City Managerinnen und Manager durchgeführt. Auch die Landesinitiative „Meine Stadt der Zukunft“ mit ihren acht Modellvorhaben nimmt richtig Fahrt auf.
Sie haben das Thema Wohnen beziehungsweise Wohnungsbau angesprochen. Wie sieht es mit der Bilanz in diesem Bereich aus?
Zunächst kann man festhalten: Insgesamt ist Brandenburg im Bereich Wohnen gut aufgestellt. Das zeigt der erste von uns in diesem Jahr initiierte Wohnungsmarktbeobachtungsbericht. Dass wir es geschafft haben, die Wohnungsbauoffensive auf einem hohen Niveau weiterzuführen, leistet hierzu einen wichtigen Beitrag. 2021 hat das MIL rund 140 Millionen Euro für Maßnahmen der sozialen Wohnraumförderung zugesagt. Unser Ziel ist es, weiterhin gutes und bezahlbares Wohnen in Brandenburg zu ermöglichen. Dabei berücksichtigen wir selbstverständlich die verschiedenen Herausforderungen der Ballungsräume und der ländlichen Räume.
Weitere Informationen, Zahlen und Fakten finden Sie im "Jahresrückblick 2021: Das MIL zieht Bilanz"
2021 hat sich der „Fahrradtrend“ fortgesetzt? Können Sie das konkret bemessen?
Ja, und zwar mit einer Rekordinvestition. Über die verschiedenen Programme hat mein Ministerium 30 Millionen Euro für den Radverkehr eingesetzt, so viel wie nie zuvor. Mit dem neuen Bundesprogramm „Stadt und Land“ stehen für die drei Jahren zusätzlich 30 Mio. Euro zur Verfügung. Wir haben 2021 im Radverkehrsnetz wichtige Abschnitte gebaut und bestehende Lücken geschlossen, wie zum Beispiel beim Radweg in Saarmund, wo das Netz nun wichtige Orte in Potsdam-Mittelmark verbindet. Darüber hinaus haben wir dieses Jahr Lastenräder mit rund 600.000 Euro gefördert. Damit werden pro Jahr über eine Millionen Kraftfahrzeugkilometer eingespart – Jahr für Jahr. Das Fahrrad ist längst über seine Nutzung als Fortbewegungsmittel für die Freizeit hinausgewachsen und mittlerweile fester Bestandteil unserer Alltagsmobilität. Aus diesem Grund werden wir die erfolgreiche Lastenradprämie 2022 fortsetzen.
Der ÖPNV hatte wieder mit den Auswirkungen der Pandemie zu kämpfen. Wie haben Sie den ÖPNV 2021 unterstützt und weitergebracht?
Wir haben den Dialog mit den Unternehmen und Verbänden des ÖPNV, den wir 2020 begonnen haben, weitergeführt mit dem Ergebnis des Rettungsschirms für den ÖPNV. Außerdem haben wir Mittel frühzeitig zur Verfügung gestellt. Ganz unabhängig von der Pandemie – und das ist kein Selbstläufer – steht das Thema ÖPNV und neue Mobilität aber alles andere als still. Für den ÖPNV standen 2021 rund 540 Millionen Euro zur Verfügung, mit denen wir die Verkehrswende in Brandenburg vorangetrieben haben. Zum Beispiel mit dem erwähnten Ausbau der elektrifizierten Strecke Berlin-Angermünde-Stettin mit 50 Millionen Euro oder der Reaktivierung der RB35, die nun in Bad Saarow eine Station weiterfährt als bisher. Die Liste an Beispielen ist lang. Besonders freue ich mich, dass der vom Land mit 20 Millionen Euro geförderte Bahnhof in Cottbus zu Deutschlands Bahnhof des Jahres gewählt wurde. Bei einem weiteren Projekt, das mir sofort in den Kopf kommt, geht es um Wasserstoffbusse und –Tankstellen. In einem Pilotprojekt fördern wir mit EU-Mitteln gerade sechs Wasserstoffbusse, um die Machbarkeit in der Fläche zu testen. Ich bin sicher, dass wir das in Zukunft auch bei den von uns geförderten Plusbussen sehen wird. Von denen gibt es mittlerweile 33, in diesem Jahr haben wir zum Beispiel mit der X2 eine länderübergreifende Linie an den Start gebracht.
Sie haben es eingangs erwähnt, das „Tagesgeschäft“. Meinten Sie damit die Straßen in Brandenburg?
Nein, damit meinte ich mehr das Abstecken der Rahmenbedingungen und das Instandhalten der Infrastruktur. Das betrifft daher natürlich nicht nur die Straßen, aber zu einem großen Teil: Ortsdurchfahrten sanieren, Brücken instandhalten, Schulwege sicherer machen. Das ist ein sehr großer Bereich unserer Arbeit und der bedarf weiterhin großer Aufmerksamkeit. Dieses Jahr sind rund 210 Millionen Euro in 113 Baumaßnahmen an Straßen und Radwegen geflossen. Damit konnten wir zum Beispiel Ortsdurchfahrt Elsterwerda und Wandlitz und die Ortsumgehung Altlandsberg fertigstellen.