Toolbar-Menü

„Straßenwärterin aus Leidenschaft“

- Erschienen am 15.12.2020
Straßenwärterin Sandy Decker © LS / Sandy Decker

In Brandenburg kümmern sich die Straßenwärt*innen um 8700 Kilometer Bundes- und Landstraßen – das ist mehr als die Strecke von Potsdam nach Neu Delhi in Indien. Obwohl in Orange gekleidet, wird ihre Arbeit nicht immer gesehen.

Freispruch für Sandy Decker. Nein, die 19-Jährige hat nichts angestellt. Beenden Straßenwärter*innen ihre Ausbildung, werden sie „freigesprochen“. Und Sandy hat ihre Ausbildung sogar in weniger Zeit abgeschlossen als dafür vorgesehen. Nicht, weil sie eine Streberin ist. Sie hat einfach Spaß an dem, was sie tut.  Freigesprochen hat sie der Minister selbst, Guido Beermann, im Frühjahr 2020. Sandy erinnert sich noch gut, was er ihr und ihrer Klasse mit auf den Weg gegeben hat: „Nicht stehen bleiben, immer weitergehen, immer Neues lernen.“ Das hat sie in ihrem Arbeitsalltag als Straßenwärterin und ihren Zielen verinnerlicht. „Irgendwann möchte ich das Angebot des Landesbetriebs Straßenwesen wahrnehmen und das Duale Studium zur Bauingenieurin machen, um dann eine Meisterei zu leiten. Aber erstmal lerne ich Tag für Tag bei meinen erfahrenden, älteren Kollegen“, erzählt Sandy, während sie den Lastwagen belädt. „Kollegen“ deshalb, weil sie – noch – die einzige Frau in der Straßenmeisterei Bad Freienwald ist. „Aber hier waren alle sehr offen, Zickerei gibt es hier nicht“, lacht sie.

240 Kilometer betreut sie zusammen mit ihren Kollegen. Straßen zu warten ist Teamarbeit. „Kolonne“ heißt das im Fachjargon. Immer zwei bis vier Wärter*innen in einem oder zwei Fahrzeugen gehen raus und machen ihre Arbeit: Im Sommer Straßenränder mähen, jetzt Winterdienst, Verkehrszeichen und Leitpfosten kontrollieren, Ausbesserungen an den Straßen vornehmen, Baumarbeiten und vieles mehr. „Die Ausbildung war schon sehr intensiv und vielseitig. Man lernt so viele Themen und Bereiche: Holzbau, Metallverarbeitung, Maurern, Verkehrszeichenklassen… Neugier sollte man schon mitbringen.“ Ein Highlight ihrer Ausbildung: Sie konnte den PKW- und LKW-Führerschein machen.

„Ich gehe jeden Tag mit einem Lächeln zur Arbeit, für mich ist das Arbeiten als Straßenwärterin eine Leidenschaft.“ Jetzt gerade ist es jahreszeitbedingt der Winterdienst, der ansteht. Das heißt rund um die Uhr im Dreischichtbetrieb arbeiten und Natriumchlorid oder Magnesiumchlorid auf die Straße bringen. „Der Unterschied? Das eine ist für bis minus acht Grad, das andere bis minus 15 Grad“, erklärt Sandy. „Es gibt da mittlerweile unterschiedliche Technologien, die eingesetzt werden.“ Für ganz Brandenburg hat der Landesbetrieb Straßenwesen etwa 71.000 Tonnen Salz eingelagert. Der Salzverbrauch ist je nach Witterung unterschiedlich. Im schneereichen Winter 2016/17 waren das mal 46.000 Tonnen, 2020/21 nur 11.000 Tonnen. (Link PM Winterdienst)

Was Sandy nicht so gern macht? „Auf dem Hof bleiben. Das ist wie Strafarbeit.“ Am liebsten ist ihr die Arbeit draußen auf Straße oder die Arbeit in ihrer zusätzlichen Funktion als Vertrauensperson für die Azubis – sollte es mal knirschen. „Die Schüler sollen sich ruhig trauen, sich hier zu bewerben. Es ist ein großer Unterschied zwischen Schule und Arbeiten und unsere Arbeit wird nicht selten unterschätzt“, sagt Sandy. Manchmal wird die Arbeit auch zu wenig wertgeschätzt „Wir sind ja ständig auf der Straße und werden natürlich oft als Störung empfunden. Die Verkehrsteilnehmer sind daher oft aggressiv, fahren zu schnell und haben wenig Verständnis für unsere Arbeit.“ Aber es gibt auch schöne Erlebnisse. „Als wir die Straßenrinnen gereinigt haben und Ausbesserungen gemacht haben, kam eine alte Dame vorbei und hat uns Obst aus ihrem Obstgarten vorbeigebracht.“

Jetzt wird es allerdings langsam Zeit für die Schichtübergabe – sprich: zurück zum Hof und den anderen Kollegen. „Es ist“, schmunzelt Sandy, „wie in einer großen Straßenmeistereifamilie.“

Abbinder

Datum
15.12.2020